
Gesetzesabschaffendes Referendum
Abgeordnetenanfrage – persönlicher Brief
Sehr geehrter Herr Beil,
vielen Dank für Ihr Schreiben. Sicher ist Ihnen bekannt, dass die LINKE von Anbeginn für die Stärkung direkter Demokratie in unserem Land kämpft. […]
[…] Dabei spielen Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide – auch auf Bundesebene – eine zentrale Rolle.
Ich verweise an dieser Stelle auf unseren aktuellen Gesetzentwurf (Dr. 17/825).
[…]
Freundliche Grüße
Dr. Dietmar Bartsch, MdB

dialog-2015 an Dr. Dietmar Bartsch (MdB/DIE LINKE) – Gesetzesabschaffendes Referendum
Sehr geehrter Herr Dr. Bartsch,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben.
Es ist leider notwendig, jeden Einzelnen der 631 Abgeordneten dieselbe Frage zu stellen, da es wie Sie sicherlich wissen, einer 2/3 Mehrheit des Bundestages bedarf, um einen Gesetzentwurf zur Erweiterung unseres repräsentativen Demokratiegefüges mit plebiszitären Elementen zu verabschieden. Um persönliche Meinungen und Argumente für oder gegen mehr politische Einbindung des Wählers auf Bundesebene auch während der Legislaturperiode zu erhalten, betreiben wir den privaten finanziellen und zeitlichen Aufwand der Anschreiben und wechselseitigen Kommunikation. Die unterschiedlichen Ansichten und Argumente der Abgeordneten fließen aktuell in eine Modifizierung und Anpassung unseres geäußerten Vorschlages ein.
In Anbindung an die bisherige Korrespondenz mit Ihren Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen und den daraus resultierenden Meinungen, Anregungen und Kritiken, werden wir den unterbreiteten Vorschlag zu unserer Bürgeranfrage vom 27.05.2015 entsprechend modifizieren und voraussichtlich bis zum Ende des Monats einen Gesetzentwurf zur Ermöglichung eines zweistufigen Volksgesetzgebungsverfahren aus der Mitte des Volkes und eines fakultativen Referendums auf Antrag des Volkes nebst Kommentierung und rechtlicher Beurteilung zur Vorlage bringen. Die entsprechenden Unterlagen werden in Folge nochmalig an alle Bundestagsabgeordneten in der Hoffnung übermittelt, auf deren Grundlage nach der Parlamentspause eine fundierte Diskussion anregen zu können. Mit der CDU-Fraktion, stehen wir auf Grund der Blockadehaltung dieser Partei in Bezug auf die Einbindung plebiszitärer Elemente, in gesondertem Kontakt. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU-Fraktion Arnold Vaatz, MdB, ist von dem bisherig eingebrachten Vorschlag unserer Initiative nicht abgeneigt. Er hat zugesagt, nach dem Vorliegen der vorgenannten Unterlagen und deren Sichtung, die Thematik einer Erweiterung des repräsentativen Demokratiegefüges mit plebiszitären Elementen auf Bundesebene, einer Fraktionsdiskussion zuzuführen.
Bei den seitens Ihrer Partei unterlegten demokratiepolitischen Forderungen, welche in dem Gesetzentwurf (Drucksache 18/825) eine Widerspiegelung finden, wären aus unserer Sicht die Positionen zu überdenken, dass deutsche Staatsbürger ab 16 Jahren, sowie Personen von diesem Alter an, welche nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, aber seit mindestens fünf Jahren in der Bundesrepublik gemeldet sind, wahlberechtigt sein sollen. Wir sind selbstverständlich dafür, dass Grundsegmente der politischen Bildung bei Kindern und Jugendlichen maßgeblich in die Erziehung und Ausbildung mit einfließen müssen, allerdings sollte ein gewisses Maß an Selbständigkeit und Lebenserfahrung bereits erreicht sein, um den Gang zur Wahlurne antreten zu dürfen. Dieser Sachstand sollte auch nicht durch demografische Schwankungen und altersbedingtes Wahlverhalten beeinflusst werden. Die Wahlberechtigung, sollte allein zur Vermeidung von Verwerfungen weiterhin wie in fast allen anderen Demokratien auf dieser Erde, an eine Staatsbürgerschaft des die Wahl betreffenden Landes gebunden bleiben. Außerdem schließt benannter Entwurf ein, dass dem Wahlvolk auch politische Fragen zur Abstimmung vorgelegt werden sollen. Aus unserer Sicht müssen Volksabstimmungen generell „von unten nach oben“, also auf Antrag des Volkes wirken und müssen ausnahmslos von Referendumsinitiativen ersatzweise Begehren eingeleitet werden. Eine Umkehrwirkung „von oben nach unten“, also nach Gesichtspunkten politischer Opportunität, verstößt nach Auffassung unserer Initiative gegen den Leitgedanken der Demokratie.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich nach Zusendung des Gesetzentwurfes im Rahmen Ihrer bisherigen Bemühungen nach mehr direktdemokratischen Einfluss des Wahlvolkes auf Bundesebene, in eine etwaig neu angeregte Diskussion integrieren und für eine diesbezügliche Mehrheit im Parlament kämpfen.
Mit freundlichen Grüßen
Reiko Beil
Initiative Dialog-2015

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Quelle: dialog-2015 vom 16.07.2015