
Gesetzesabschaffendes Referendum
Abgeordnetenanfrage – persönlicher Brief
Sehr geehrter Herr Beil,
ich danke Ihnen für Ihre Anfrage und bitte um Ihr Verständnis dafür, dass Sie erst jetzt eine Antwort von mir erhalten. Ich habe mich mit der in Ihrer Anfrage ausgebreiteten Idee umfassend auseinandersetzen wollen. […]
[…] Mittlerweile kann ich Ihnen sagen, dass ich in dem Vorschlag keine Verbesserung unserer Demokratie erkennen kann. Dafür halte ich zwei Argumente für entscheidend. Erstens besteht der demokratische politische Prozess nicht allein im Neinsagen. Deshalb halte ich eine rein auf Gesetzesabschaffung gezielte Abstimmung für unzulänglich. Denn dies ist nur ein Teil der Verantwortung des politischen Prozesses, das Entscheidende – also die Frage nach der positiven Gestaltung – wird außen vor gelassen. Zweitens halte ich die Abschaffung der 2,5%-Hürde nach der ersten Runde für demokratisch problematisch, weil es mit kleinster Beteiligung die allgemeine repräsentative demokratische Ordnung konterkariert. Aus dem Gesichtspunkt halte ich den Vorschlag für keinen Fortschritt, weil einer kleinen Zahl zu viel Macht zugesprochen würde.
Ich möchte mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie sich mit konkreten Problemdefinitionen und Vorschlägen für den Dialog zwischen Bürgern und Abgeordneten einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Norbert Röttgen, MdB

dialog-2015 an Dr. Norbert Röttgen (MdB/CDU) – Gesetzesabschaffendes Referendum
Sehr geehrter Herr Dr. Röttgen,
vielen Dank für Ihre Rückantwort und die Zeit, welche Sie sich für eine diesbezügliche thematisierte Auseinandersetzung genommen haben.
Wir erlauben uns kurz auf Ihre beiden Argumente einzugehen.
Positive Gestaltung
Das der demokratisch politisch unterlegte Prozess nicht auf einem Neinsagen sondern auf Dialogen und etwaigen Kompromiss basiert, steht außer Frage. Kompromiss und vor allem Dialog werden aus unserer Sicht zwischen Politik und Bürger durch ein abrogatives Referendum gestärkt bzw. erst einmal wieder herbeigeführt.
Die Erweiterung unseres gelebten und alternativlosen repräsentativen Demokratiegefüges mit plebiszitären Elementen, darf selbstverständlich dem Gesetzgeber nicht dahingehend einschränken, dass dieser politische Prozesse nicht mehr positiv gestalten kann. Entsprechend muss das plebiszitäre Element eines abrogativen Referendums im Kernpunkt auch das Recht der Nachbesserung ersatzweise der Korrektur eines in Frage gestellten Gesetzes beinhalten.
Quorum
Der Prozentsatz der Hürde ist diskutabel und grundsätzlich modifizierbar. Der Prozentsatz sollte aber so angesetzt werden, dass ein abrogatives Referendum praktisch herbeiführbar ist, aber einen inflationären und die Gesetzgebungstätigkeit lähmenden Gebrauch dieses direktdemokratischen Instruments eliminiert. Wir werden diesbezüglich noch einmal mit einem Verfassungsrechtler Rücksprache halten.
Ihr Fraktionskollege Arnold Vaatz, MdB hat den Vorschlag unserer Initiative aufgenommen und sich bereit erklärt, nach notwendiger Zuarbeit, welche wir hoffen bis 20.07.2015 liefern zu können, dass aufgeworfenen Thema Fraktionsintern einer Diskussion zuzuführen.
Wir würden uns freuen, wenn Sie sich in Folge entsprechend in diese Thematik mit einbringen können.
Vorerst verbleiben wir in positiver Erwartung
Mit freundlichen Grüßen
Reiko Beil
Initiative Dialog-2015

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Quelle: dialog-2015 vom 01.07.2015