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Antwort Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) - Gesetzesabschaffendes Referendum
Antwort Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) – Gesetzesabschaffendes Referendum – Foto: Tobias Koch

Gesetzesabschaffendes Referendum

Abgeordnetenanfrage – persönlicher Brief

Sehr geehrter Herr Beil,

Ihre Anfrage vom 27. Mai diesen Jahres habe ich mit großem Interesse gelesen und danke Ihnen für Ihr Engagement.
Ich teile die Einschätzung von Herrn Bundesminister Dr. Thomas de Maizière, […]

[…] dass die Komplexität politischer Entscheidungsfindung nicht holzschnittartig in ein Ja-Nein-Schema passen kann. Aber auch ein sog. „gesetzabschaffendes Referendum“ presst letztendlich ebenfalls eine komplexe Thematik in eine Entscheidung, die auf Ja oder Nein hinausläuft.
Bei der Abschaffung von Gesetzen auf dem Wege eines Referendums wird wiederum ein komplexer Sachverhalt holzschnittartig verkürzt. Es lässt sich immer trefflich streiten, ob bestimmte Regelungen sinnvoll sind oder ihren Zweck erfüllen. Hier muss man aber genau hinsehen, denn oftmals sind Gesetze keine Einzelkämpfer, sondern in ein Räderwerk verschiedener Gesetze eingebunden. Wenn Sie aus einem Uhrwerk ein noch so kleines Zahnrad herausnehmen wird die Uhr nicht mehr richtig gehen.
Viel entscheidender ist meiner Meinung nach die Frage, a) muss man alles Regeln (Stichwort: Entbürokratisierung) und b) müssen Gesetze Ewigkeitsgarantien haben?
In Hessen beispielsweise haben Gesetze ein Ablaufdatum. Mit Ablauf des im Gesetz festgelegten Datums verliert das beschlossene Gesetz seine Gültigkeit. Wenn man das Gesetz für gut und hilfreich befindet, muss man es rechtzeitig verlängern.
Eine solche Regelung ist wahrscheinlich einfacher zielgerichteter und vor allem Kostengünstiger, denn ein bundesweites Referendum würde unabhängig von Kampagnenkosten etwa so viel Kosten, wie die Durchführung einer Bundestagswahl. Das waren 2013 in etwa 74,5 Millionen Euro.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Tauber, MdB
Generalsekretär der CDU Deutschlands
Platz der Republik 1, 11011 Berlin

Antwort Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) an dialog-2015 - Gesetzesabschaffendes Referendum
Antwort Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) an dialog-2015 – Gesetzesabschaffendes Referendum

dialog-2015 an Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) – Gesetzesabschaffendes Referendum

Sehr geehrter Herr Dr. Tauber,

vielen Dank für Ihr Antwortschreiben.

Die Thematik der Kosten ist tatsächlich ein nicht zu unterschätzender Fakt. Über diesen Punkt sind wir auch schon gestolpert. Allerdings gehen wir davon aus, dass Referenden in Bezug auf die Gesetzabschaffung eher eine Ausnahme darstellen würden bzw. darstellen sollten. Hierzu käme es ja nur, wenn der gesetzlich geregelte Sachverhalt sein Ziel verfehlt und zu gut deutsch auf Kosten oder zu Lasten des Souveräns droht, in die Hose zu gehen.
Man sollte in diesem Zusammenhang weniger davor Angst haben, dass Referenden zustande kommen, welche sich auf Gesetze der Vergangenheit beziehen, sondern den Sachstand eher als Sicherungsventil für die Zukunft sehen.
Aktuell haben wir mit einer völlig veränderten weltpolitischen Lage zu tun, welche von kompakten geopolitischen, demografischen und wirtschaftlichen Sachthemen bestimmt wird, bei denen kein Sachverständiger, kein Wirtschaftsweiser, kein Politiker und vielleicht nicht einmal ein Hellseher voraussehen kann, ob die heute getroffenen Entscheidungen morgen tatsächlich noch die richtigen sind.
Ohne die Vorteile einer repräsentativen Demokratie in Frage stellen zu wollen, sind wir der Meinung, es muss eine zusätzliche Vorrichtung eingebaut werden, welche den Souverän und auch die politischen Akteure schützt.
Sollte es überhaupt zu einem gesetzabschaffenden Referendum kommen, dem ja grundsätzlich erst einmal das Volksbegehren vorausgehen muss, könnte man durchaus mit Ja oder Nein stimmen. Die Komplexität spielt aus unserer Sichtweise hier keine Rolle mehr. Wir denken, dann entscheidet einzig und allein der gesunde Menschenverstand.
Der Souverän wird wenn notwendig in Form eines Referendums im Fall der Fälle schneller handeln als der politische Akteur, vor allem unter dem Gesichtspunkt betrachtet, dass die nachziehende Politgeneration immer weniger Vollblutpolitiker hervorbringt, welche hemdsärmlich und patriotisch agieren, wenn Sie wissen was wir damit meinen.
Dazu wird aktuell, trotz der noch „alten Hasen“ im Parlament, nach außen zu viel Parteidisziplin vorgelebt, welche einen Schatten über die repräsentative Demokratie und die unabhängige Entscheidungsgewalt der Abgeordneten wirft.
Der Ihrerseits unterbreitete Vorschlag eines „Verfalldatums“ von Gesetzen gibt einen grundsätzlichen Denkanstoß, wirft aber die Frage auf, was passiert, wenn ein Gesetz vor Ablauf „nach hinten“ los geht.
Aber vielleicht könnten sich beide Vorschläge etwaig verbinden lassen.
Wir warten die restlichen Antworten Ihrer Kolleginnen und Kollegen ab und werden die hoffentlich zahlreichen unterschiedlichen Meinungsbilder und Vorschläge dann zusammenstellen und kumuliert in eine Argumentation einbinden.

In der Hoffnung, dann noch einmal von Ihnen zu hören, verbleiben wir vorerst mit den besten Grüßen nach Berlin.

Mit freundlichen Grüßen

Reiko Beil
Initiative Dialog-2015

Antwort an Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) von dialog-2015 - Gesetzesabschaffendes Referendum
Antwort an Dr. Peter Tauber (MdB/CDU) von dialog-2015 – Gesetzesabschaffendes Referendum

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Quelle: dialog-2015 vom 03.06.2015


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