Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU) » Dialog

Gesetzesabschaffendes Referendum - Antwort Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU)
Gesetzesabschaffendes Referendum – Antwort Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU) – Foto: © Foto-AG Gymnasium Melle/Lizenziert: CC BY-SA 3.0 de über Wikimedia Commons

Gesetzesabschaffendes Referendum

Abgeordnetenanfrage – persönlicher Brief

Sehr geehrter Herr Beil,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, in der Sie mich um eine Stellungnahme zur Einführung eines gesetzabschaffenden Referendums gebeten habe.
Die Bürger dieses Landes stehen aus meiner Sicht mehrheitlich hinter unserem System und der repräsentativen Demokratie. […]

[…] Eine Umfrage von TNS Infratest vom November 2013 hat ergeben, dass ingesamt 70 % der Deutschen mit der Art und Weise, wie die Demokratie in Deutschland funktioniert, zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind.

[…]

Freundlich grüßt Sie

Tim Ostermann, MdB

Gesetzesabschaffendes Referendum - Antwort Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU)
Gesetzesabschaffendes Referendum – Antwort Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU)

dialog-2015 an Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU) – Gesetzesabschaffendes Referendum

Sehr geehrter Herr Dr. Ostermann,

vielen Dank für Ihre Antwort.
Bestimmt haben Sie aus Zeitgründen keine Möglichkeit gefunden, sich auf unserer Internetseite die eine oder andere Korrespondenz mit Ihren Bundestagskolleginnen und Bundestagskollegen anzuschauen.
Gleich dem Antwortschreiben an Ihren Kollegen Herrn Grund vom heutigen Tag, erlauben wir uns, in Bezug auf die Ausführungen zu einem JA oder NEIN bzw. schwarz oder weiß beispielhaft trotzdem, auf unsere Rückantworten an Ihre Bundestagskollegen Herrn Dr. Johann Wadephul vom 10.06.2015 und Herrn Michael Vietz vom 16.06.2015 zu verweisen, welche auf unserer Internetseite zur Einsicht freigestellt sind.
Auch über das Thema Komplexität von Gesetzen und den Themenpunkt einer nicht Infragestellung unserer repräsentativen Demokratie haben wir bereits mehrfach kommuniziert. Ersatzweise erlauben wir uns in diesem Zusammenhang auf eine Schriftsatzerwiderung an Ihre Fraktionskollegin Frau Maria Michalk vom 15.06.2015 abzustellen.
Sie werden aus diesen Schreiben erkennen, dass die gewissenhafte parlamentarische Gesetzgebungsarbeit außer Frage steht!
Zum Thema Populismus haben wir am heutigen Tag Ihrem Fraktionskollegen Manfred Grund geantwortet, dass es sich uns immer weniger erschließt, auf welcher Grundlage Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU Fraktion die Annahme begründen, dass eine Erweiterung unserer gelebten repräsentativen Demokratie mit direktdemokratischen Elementen, automatisch Populisten auf die Spur ruft und warum vor einer diesbezüglich ohnehin nicht erwiesenen populistischen Auseinandersetzung der Schwanz eingezogen werden soll. Gerade eine derartige Auseinandersetzung, wenn es diese denn tatsächlich geben würde, wäre die ideale Bühne Politik und deren Ziele zu erklären.
Es geht vorrangig auch nicht um politische Einbringung, sondern eine Erklärung der Politik. Die Abstellung auf soziale Netzwerke ist hier definitiv der falsche Weg. Dann ist man wirklich ganz schnell, bei den Weltuntergangsrhetorikern ersatzweise Hobbypopulisten.
Auch das Thema Petition haben wir in dem vorgenannten Schreiben an Ihren Kollegen Vietz aufgegriffen und dargelegt, dass diese keine Lösung des eigentlichen Problems herbeiführt. Ebenso sind aus unserer Sicht Ausschüsse nicht das geeignete Mittel, wie Ihrem Kollegen Herrn Karl Schiewerling am 17.06.2015 mitgeteilt.
Die Gefahr für unsere politische Grundordnung und die alternativlos gelebte repräsentative Demokratie ist die Politik- und Wahlverdrossenheit der Bürgerinnen und Bürger unseres Landes. Diese ernsthafte Gefahr kann nur durch eine Minimierung des wechselseitigen Informationsdefizites gebannt werden.
Darauf basiert der Vorschlag eines gesetzabschaffenden Referendums, vor welchen immer ein Volksbegehren mit einer entsprechend langen Vorlaufzeit und einem hohen Quorum steht. Die Zeit des Begehrens verschafft den politisch Handelnden ein absichtlich gewolltes Zeitfenster. Diese Zeit muss durch die Politikerinnen und Politiker unseres Landes für den Fall eines Begehrens, bei welchem sich tatsächlich das Zustandekommen eines Referendums abzeichnet, unter anderem dafür genutzt werden, den Souverän über die von Ihnen geschilderten weitreichenden Folgen einer etwaigen Gesetzabschaffung aufzuklären.
Die Politik kann so versuchen, Informationslücken, welche möglicherweise zu einem fehlenden oder gar falschen Verständnis der politischen Entscheidungen und somit zu einem Begehren geführt haben, gegenüber dem Souverän zu schließen, oder mit einem modifizierten Handeln den Versuch unternehmen, dem Willen des Volkes entgegenzuwirken, um das Erreichen des Quorums und folglich das Zustandekommen eines Referendums zu vermeiden.
Damit schließt sich dann automatisch auch der definierte Graben zwischen Politik und Bürgern.
Wir hatten gegenüber Ihren Kolleginnen und Kollegen bereits mehrfach dargelegt, dass es nach unserer Auffassung in den wenigsten Fällen tatsächlich zu einem gesetzabschaffenden Referendum kommen wird, da spätestens mit dem Aufleben eines Volksbegehrens, das ein gesetztes Quorum erreichen könnte, das politische Gegensteuern beginnt.
Beide Seiten, also Volk und Politik, würden sich durch die Erweiterung unserer repräsentativen Demokratie mit der Möglichkeit gesetzabschaffender Referenden wieder annähern und vor allem disziplinieren.
Die eine Seite durch mehr gezeigte Volksnähe und die andere Seite durch mehr politisches Verstehen.
Dann würde im Übrigen auch die von Ihnen benannte Umfrage von TNS Infratest ein den tatsächlichen Gegebenheiten angepasstes Bild darstellen und nicht im Widerspruch zur erlebten Wahlbeteiligung und Basisstimmung stehen.

Wir hoffen, Sie zum nochmaligen Nachdenken animiert zu haben und verbleiben vorerst

Mit freundlichen Grüßen

Reiko Beil
Initiative Dialog-2015

Gesetzesabschaffendes Referendum - Antwort von dialog-2015 an Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU)
Gesetzesabschaffendes Referendum – Antwort von dialog-2015 an Dr. Tim Ostermann (MdB/CDU)
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Quelle: dialog-2015 vom 19.06.2015


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