
Gesetzesabschaffendes Referendum
Abgeordnetenanfrage – persönlicher Brief
Sehr geehrter Herr Beil,
zu Ihrer Bürgeranfrage merke ich an: […]
[…] Seit Jahren und weiterhin plädiere ich dafür, dass Volksentscheide auch auf Bundesebene „freigeschaltet“ werden, so, wie sie in Artikel 20 (2) Grundgesetz angelegt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Pau

dialog-2015 an Petra Pau (MdB/DIE LINKE) – Gesetzesabschaffendes Referendum
Sehr geehrte Frau Pau,
vielen Dank für Ihr Antwortschreiben.
Ihr grundsätzliches „Ja“ zu Volksentscheiden auf Bundesebene freut uns. Wir können allerdings nur mutmaßen, dass Sie unseren Vorschlag, zu gesetzabschaffenden Referenden, somit auch begrüßen.
Unsere Initiative hat sich bisherig nur im internen Kreis darüber ausgetauscht, ob wir den Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes falsch verstehen bzw. diesen falsch interpretieren.
Grund war, dass die offiziellen politischen Statements darlegen, dass für Volksentscheide auf Bundesebene, erst eine Grundgesetzänderung notwendig sei.
Ihre Antwort, vor allem unter Beachtung, dass Sie neben Ihrem Bundestagsmandat ein Amt als Bundestagsvizepräsidentin begleiten, macht uns nunmehrig stutzig.
Verstehen wir Sie richtig, dass es also doch so ist , dass der Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes, ein Recht des Volkes auf Volksentscheide, wie inhaltlich wahrnehmbar, beinhaltet und somit die Bürgerinnen und Bürger der Bundesrepublik Deutschland berechtigt sind, nach eigenem ermessen Volksentscheide auf Bundesebene durchzuführen?
Sie sprechen von einem „freischalten“ des Artikels 20 Absatz 2 in welchem geschrieben steht:
„…Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.
Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt…“
Wenn es nach Ihrer Ansicht nur einer „Freischaltung“ bedarf, verstehen wir aber nicht, warum das Grundgesetz nach Darlegung des Verfassungsgerichtes erst mit einer diesbezüglichen 2/3 Mehrheit des deutschen Bundestag geändert werden muss, um Positionen wie Volksinitiativen, Volksbegehren, Volksentscheide und Referenden auf Bundesebene zu ermöglichen.
Wir hatten dieses für uns nicht verständliche Thema bereits zu den „Akten“ gelegt, da wir wie anfänglich aufgeführt davon ausgegangen sind, dass unsere Leseart des Grundgesetzes falsch ist, wenn aus dem Gesetz entnommen wird, dass alle Staatsgewalt grundsätzlich vom Volk ausgeht und diese Gewalt neben Wahlen auch durch Abstimmungen eine Umsetzung finden kann.
Wenn Sie also von einem „freischalten“ sprechen und das Grundgesetz dem Volk das Recht der Abstimmung bereits zuspricht, bedarf es nach einfacher Lesung somit auch keiner Grundgesetzänderung mit vorausgehender 2/3 Mehrheit im Bundestag, sondern „lediglich“ einer Klärung und Koordinierung, wie Volksentscheide auf Bundesebene, salopp gesagt, eine technische Umsetzung finden können.
Das würde wiederum bedeuten, dass die Bundestagsabgeordneten, welche gegen Volksentscheide auf Bundesebene votieren, sich diesbezüglich dem Grundgesetz fügen müssen, welches nach Interpretation Ihrer Darlegung und bürgerlicher Wahrnehmung, ein Recht auf derartige Abstimmungen des Volkes bereits beinhaltet.
Wir hoffen, dass in den kommenden Tagen alle Ihre Kolleginnen und Kollegen des Deutschen Bundestages die Zeit finden, auf unsere Bürgeranfrage zu antworten.
Auf Grund der vorgenannten Thematik zur inhaltlichen Auslegung des Grundgesetzes würden wir uns in Folge dann gern noch einmal, unter Beachtung der Auswertung aller erhaltenen Antworten, mit Ihnen in Verbindung setzten.
Noch einmal ganz lieben Dank für Ihre bisherige Bemühung.
Wir verbleiben vorerst
Mit freundlichen Grüßen
Reiko Beil
Initiative Dialog-2015

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Quelle: dialog-2015 vom 04.06.2015